Im Jahr 2000 wurde unser Traum Wirklichkeit – eine rein ägyptische Stute! Schon immer hatten wir diese Blutlinien bewundert, die ausserordentliche Schönheit dieser Pferde und die uralte, romantische Geschichte, die untrennbar mit diesen Pferden verbunden ist.
Bint el Sahra – arabisch "Tochter der Wüste" und von uns liebevoll Binti genannt – ist eine Hadbah Enzahiyah aus dem Stamm der Beduinenstute Venus. Binti ist Ansata-frei – inzwischen schon fast eine Seltenheit in Deutschland.
In ihrem Pedigree ist das Who-is-Who der deutschen Ägypterzucht vereint: Ihre Mutter, die Schimmelstute El Sahra Bint Inshraa, ist – wie ihr Name schon sagt – eine Tochter der Inshraa, importiert aus Ägypten, und das einzige Kind, das Shaker el Masri in Ägypten zeugte, bevor er nach Deutschland kam, um hier mit Nachkommen wie El Shaklan, El Masra, Ibn Estopa u.v.a.m. den Weltruhm des Gestüts Om el Arab zu begründen. Ausserdem ist Bint Inshraa die letzte Tochter des grossen Mahomed, über den Binti weitere Berühmtheiten wie Hadban Enzahi, Ghazal, Moheba, Malacha etc. führt. Bintis Vater ist der wunderschöne braune Typhengst Malik el Nil, seinerseits ein Sohn des viel zu früh verstorbenen Idrees und der Tuhotmos-Tochter Hania.
Wir sahen Binti im letzten Sommer beim Gestütstag auf dem Gestüt Baraimu el Sahra ihrer Züchterin Olivia Prehn. Binti wurde nicht vorgestellt, denn sie war hochtragend mit ihrem ersten Fohlen (von Hakeel Ibn Kaysoon), und als wir vor dem wolkenbruchartigen Regen flüchtend noch nichtsahnend durch die Ställe schlenderten, sahen wir von ihr eigentlich nur das Hinterteil, einen riesigen Bauch und ihre endlos lange und dichte Mähne – aha, eine Andalusierstute, dachten wir... Beim Gespräch mit Olivia erzählten wir vom Verlust unseres Hengstes, und dass wir – da die Hengsthaltung ohne eigenen Hof doch zu schwierig ist – als nächstes Pferd gern eine Stute hätten, und zwar eine rein ägyptische – so fünf, sechs Jahre alt, entweder schon gut ausgebildet oder völlig roh, und vor allem erst in ein bis zwei Jahren. "Daaaa hätt' ich aber was für Sie!" sprach Olivia - die übrigens auch Salukis züchtet (Zuchtstätte "Karoly") , wodurch sich sogleich ein besonders guter "Draht" ergab –, führte uns zurück in den Stall und geradewegs zu der vermeintlichen Andalusierstute, die nunmehr in ihrer unermesslichen Gnade geruhte, uns ihren wahrhaft atemberaubenden Kopf zuzuwenden und so den Irrtum um ihre Rassezugehörigkeit aufzu- klären.
Eine solch zauberhafte Stute, noch dazu mit dieser Traumabstammung – wie hätten wir da noch schlafen können? Sie ging uns die ganze Heimfahrt über und auch die folgenden Wochen nicht mehr aus dem Kopf. Als sie dann im August das ersehnte Stutfohlen, Inshraa Bint Sahra, zur Welt brachte, war alles klar – wir wollten und durften sie haben! War nix mit ein, zwei Jahre warten... Nach einem weiteren Besuch, bei dem wir dann auch ihr aussergewöhnlich leichtfüssiges, raumgreifendes und korrektes Gangwerk bewundern konnten, wurde es perfekt gemacht – nach dem Absetzen des Fohlens sollte Binti zu uns nach Hamburg reisen. Sie kam am Nachmittag des 14. Dezember, stieg nach 8 Stunden Fahrt staubtrocken vom Hänger und wollte erst einmal alles betrachten. Sie hat sich sehr schnell eingelebt und macht nunmehr Anstalten, Chefin ihrer kleinen Herde zu werden.
Ihre Ausbildung macht Fortschritte – sie, die noch nie in ihrem Leben irgendetwas "gearbeitet" hatte, lernte Longieren innerhalb von fünf Minuten ... Wir haben selten zuvor ein so intelligentes Pferd kennengelernt. Inzwischen sind wir mit der Bodenarbeit schon ziemlich weit gekommen, den Sattel trägt sie auch anstandslos, und demnächst soll Binti mit Hilfe einer versierten Westerntrainerin vorsichtig an das Reitergewicht gewöhnt werden.
Binti hat eine grosse Vorliebe für Bananen, der wir durch kiloweisen Aufkauf dieser praktisch verpackten Südfrüchte selbstverständlich gern Rechnung tragen. Mit unseren Salukis ist sie sehr freundlich, andere Hunde allerdings kann sie nicht besonders leiden. Ansonsten hat sie durchaus ihre eigene Meinung darüber, wie es in der Welt zugehen sollte – glücklicherweise lässt sie sich aber problemlos überzeugen, wenn's mal Differenzen gibt. Wie heisst es so schön – "einem Wallach kann man befehlen, mit einem Hengst sollte man diskutieren, aber eine Stute muss man bitten!". Wie wahr...
Wir freuen uns schon auf die ersten Ausritte – vielleicht wird sie ja einmal in die Fusstapfen einiger ihrer Verwandten treten, denn aus der Inshraa- Linie kamen schon etliche erfolgreiche Distanzpferde.
BINT EL SAHRA, Schimmel *14.07.1995
bntl sahra